Fentanyl-Krise USA – Kommt sie nach Europa?

26 Jan 2025 8 min read No comments Gesundheit
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Opioide in den USA: Ursprung einer Drogenabhängigkeit

Fentanyl Krise USA – In den 1990er-Jahren wurden in den USA Opioide aggressiv vermarktet und verschrieben, oft mit irreführenden Sicherheitsversprechen. Viele Patienten wurden abhängig, da die Risiken unterschätzt bzw. verschwiegen wurden.

⚠️ In diesem Film geht es um schweren Drogenmissbrauch, Tod und Suchterkrankung. Darum haben wir ihn am Schluss des Beitrags eingebettet. Falls du dich damit unwohl fühlst, schau dir den Film bitte nicht alleine an.

Die Verschärfung der Verschreibungsrichtlinien in den USA für Opioide

In den 1990er- und frühen 2000er-Jahren nahm die Zahl der Opioid-Überdosierungen stark zu, was öffentliche und politische Aufmerksamkeit auf das Problem lenkte. Gleichzeitig gab es immer mehr Beweise dafür, dass die Risiken von Abhängigkeit und Missbrauch systematisch unterschätzt oder von Pharmaunternehmen absichtlich heruntergespielt worden waren.

Das Thema Opioide rückt ins öffentliche Interesse

Ein zentraler Wendepunkt war die gerichtliche und öffentliche Auseinandersetzung mit Unternehmen wie Purdue Pharma, das mit dem Schmerzmittel OxyContin aggressives Marketing betrieb. Untersuchungen und Berichte deckten auf, dass diese Unternehmen Ärzte und medizinisches Personal gezielt beeinflussten, um Opioide als sichere und effektive Langzeitbehandlung zu etablieren – trotz fehlender wissenschaftlicher Grundlagen.

Die US Regierung ergreift Massnahmen gegen die lockere Verschreibungspraxis von Opioiden

Mit dem wachsenden Druck durch Medienberichte, wissenschaftliche Studien und Initiativen von Angehörigen der Opfer begann die US-Regierung, Maßnahmen zu ergreifen. Ab 2010 wurden staatliche und föderale Vorschriften verschärft. Ärzte mussten strengere Kriterien erfüllen, bevor sie Opioide verschreiben durften, und es wurden Datenbanken eingeführt, um den Missbrauch durch „Arztshopping“ zu verhindern.

Strengere Verschreibungsvorschriften von Opioiden verlagert das Problem in die Illegalität

Doch die strengeren Vorschriften konnten das Problem nicht mehr lösen. Es wurden nun weniger Opioide verschrieben, doch viele Menschen waren zu diesem Zeitpunkt bereits abhängig. Eine Abhängigkeit, die durch die anfängliche aggressive Vermarktung und Verharmlosung der Risiken verschreibungspflichtiger Opioide verursacht worden war.

Patienten flüchten in die Illegalität

Als diese Patienten keinen Zugang mehr zu legalen Medikamenten hatten, wandten sie sich zunehmend dem illegalen Markt zu. Dort waren Substanzen wie Heroin und Fentanyl leicht verfügbar, aber unreguliert und oft tödlich dosiert. Diese Entwicklung verschärfte die Krise weiter, indem sie die fatalen Folgen der Abhängigkeit – die ursprünglich im legalen Rahmen entstanden war – auf eine neue, unkontrollierte Ebene verlagerte.

Centers for Disease Control and Prevention

Die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) haben mehrere Informationsseiten, die sich mit der Opioidkrise befassen. Einen ausführlichen Überblick über die „Wellen“ der Opioid-Epidemie in den USA, einschließlich der Rolle verschreibungspflichtiger Opioide. Es ist möglich, dass Sie die Suche nützen müssen, um an die entsprechenden Informationen zu gelangen. Hier ein Bericht, den Sie direkt erreichen: Die Opioid-Überdosis-Epidemie verstehen

Grafik Quelle: Centers for Disease Control and Prevention

Was ist Fentanyl?

Die Ursprünge der Fentanyl-Krise kennen wir nun. Was aber ist Fentanyl? Fentanyl ist ein synthetisches Opioid, das in den 1960er Jahren von dem belgischen Pharmakologen Dr. Paul Janssen entwickelt wurde. Janssen war Gründer des Unternehmens Janssen Pharmaceutica, das später zu einem Teil von Johnson & Johnson wurde. Ursprünglich sollte Fentanvl bei Patienten mit starken Schmerzen – etwa bei Krebserkrankungen oder während Operationen – eingesetzt werden. Es ist 50- bis 100-mal stärker als Morphin und ermöglicht daher auch in kleinsten Dosen eine wirksame Schmerzlinderung.

Fentanyl und die aktuelle Drogenkrise
Trotz seiner bedeutenden Rolle in der Schmerztherapie geriet Fentanyl zunehmend in den Fokus des illegalen Drogenhandels. Aufgrund seiner extremen Potenz und der vergleichsweise unkomplizierten Herstellung wird es heute in großem Stil auf dem Schwarzmarkt gehandelt. Häufig wird Fentanyl dabei mit anderen Substanzen (etwa Heroin oder Kokain) gemischt, ohne dass die Konsumentinnen und Konsumenten davon wissen. Dies erhöht das Risiko einer lebensbedrohlichen Überdosis drastisch.

Wer konsumiert Fentanyl?

Fentanyl betrifft eine breite demografische Gruppe, von jungen Erwachsenen bis hin zu älteren Menschen. Besonders betroffen sind:

  • Altersgruppen: Die überwiegende Mehrheit der Konsumenten von Fentanyl sind Menschen im Alter zwischen 25 und 54 Jahren. Doch auch immer mehr Jugendliche konsumieren die Droge unwissentlich, da Fentanyl häufig in Form von Tabletten oder Kapseln verkauft wird, die wie andere Schmerzmittel aussehen.
  • Geografie: Fentanyl betrifft nicht nur bestimmte Regionen in den USA, sondern hat sich landesweit verbreitet, von städtischen Zentren bis in abgelegene ländliche Gebiete. Besonders die „Rust Belt“-Regionen und wirtschaftlich benachteiligte Städte sind stark betroffen.
  • Soziale Schichten: Während anfangs vor allem ärmere Bevölkerungsgruppen von der Drogenkrise betroffen waren, wächst die Zahl der Fentanylkonsumenten auch in wohlhabenderen Gesellschaftsschichten. Dies zeigt die landesweite Verbreitung und die unvorhersehbaren Gefahren, die mit dem Konsum verbunden sind.

Strukturen und Akteure des Handels mit Fentanyl

Die Drogenkartelle, die Fentanyl herstellen und in die USA bringen, sind in erster Linie in Mexiko ansässig. Diese Organisationen produzieren grosse Mengen des synthetischen Opioids und schmuggeln es in die USA. Der Schmuggel erfolgt über verschiedene Wege, von verdeckten Lieferungen in Postsendungen bis hin zu Verstecken in Fahrzeugen.

In China werden die chemischen Vorläuferstoffe für Fentanyl produziert, die dann in Mexiko weiterverarbeitet werden. Diese Verbindung zwischen den mexikanischen Kartellen und chinesischen Herstellern zeigt die globale Dimension des Fentanylhandels.

Politisches Versagen

Die Politik der USA hat bislang versagt, wirksame Maßnahmen gegen die Fentanyl-Krise zu ergreifen. Trotz eines gewaltigen Anstiegs der Drogentoten, der 2021 mit mehr als 100.000 Opfern einen traurigen Höhepunkt erreichte, ist die politische Antwort zu schwach und zersplittert. Präsident Joe Biden und seine Regierung haben versprochen, die Drogenbekämpfung zu intensivieren, aber die Herausforderung ist riesig.

Donald Trump hatte während seiner Amtszeit eine härtere Linie gegenüber Drogenkartellen verfolgt. Er versuchte, die Grenzkontrollen zu verschärfen und mehr Ressourcen für die Drogenbekämpfung bereitzustellen. In seiner Inaugurationsrede zur zweiten Amtszeit betont Trump die Notwendigkeit einer entschlossenen Bekämpfung der Kartelle, Banden und anderer krimineller Netzwerke, die auf amerikanischem Boden verheerende Verbrechen verübten. Er forderte ultimativ verstärkte Zusammenarbeit mit Mexiko und China.

Fentanyl – Die Gefahr für Europa

Die Gefahr, dass Europa von einer Fentanyl-Krise betroffen wird, ist real und wächst. Obwohl die Situation derzeit nicht das Ausmaß der Krise in den USA erreicht hat, gibt es besorgniserregende Anzeichen für eine zunehmende Verbreitung synthetischer Opioide in Europa.

Aktuelle Entwicklungen in Europa:

  • Zunahme von Fentanyl-Funden: In Deutschland wurden bei Untersuchungen von Heroinproben in Drogenkonsumräumen Fentanyl-Beimischungen festgestellt. Von 1.401 getesteten Proben waren 50 positiv auf Fentanyl. Dies zeigt, dass Fentanyl bereits im Straßenheroin vorhanden ist, oft ohne Wissen der Konsumenten. Deutschlandfunk
  • Anstieg der Drogentodesfälle: Im Jahr 2022 starben in Deutschland 1.990 Menschen an den Folgen des Drogenkonsums, 83 davon unter Einfluss synthetischer Opioide. Die Dunkelziffer könnte höher sein, da nur etwa die Hälfte der drogenbedingten Todesfälle obduziert wird.

Wirtschaftliche Faktoren und potenzielle Risiken:

Die Erfahrungen aus den USA zeigen, dass wirtschaftliche Notlagen und Arbeitslosigkeit den Missbrauch von Opioiden begünstigen können. In wirtschaftlich schwachen Regionen der USA, wie der Rust Belt, ist die Zahl der Fentanyl-Konsumenten besonders hoch. Sollte Europa ähnliche wirtschaftliche Herausforderungen erleben, könnte dies zu einem Anstieg des Konsums von Fentanyl führen, da die Droge vergleichsweise billig und leicht verfügbar ist.

Fentanyl Krise als Teil asymmetrischer Kriegsführung?

Die Auswirkungen von Fentanyl in den USA können tatsächlich als eine Form asymmetrischer Kriegsführung betrachtet werden, ob absichtlich oder unbeabsichtigt. Die hohen Todeszahlen, die wirtschaftlichen und sozialen Folgekosten sowie die Belastung des Gesundheits- und Sozialsystems schwächen das Land nachhaltig und destabilisieren betroffene Gemeinschaften. Es ist durchaus denkbar, dass auch in der Politik unter Donald Trump – und möglicherweise bei anderen Administrationen – diese Perspektive Teil der strategischen Überlegungen ist.

Asymmetrische Kriegsführung durch Drogen:

  1. Direkte Schwächung der Bevölkerung:
    • Die mehr als 100.000 Drogentoten in einem Jahr (Stand 2022) stellen eine massive Belastung für die Gesellschaft dar. Das sind mehr Todesfälle als durch viele militärische Konflikte in der jüngeren Geschichte. Die Zahl der Opfer zeigt, wie tief die Krise geht und welche nachhaltigen Schäden sie verursacht.
  2. Langfristige Folgen durch Süchtige:
    • Neben den Todesopfern gibt es eine noch größere Anzahl an Menschen, die durch ihre Sucht arbeitsunfähig, gesundheitlich beeinträchtigt oder sozial ausgegrenzt werden. Diese Menschen belasten nicht nur das Gesundheitssystem, sondern auch die Wirtschaft und die sozialen Strukturen.
    • Die wirtschaftliche Produktivität sinkt in Regionen mit hohem Drogenkonsum, wie beispielsweise im Rust Belt. Diese Gebiete werden zu sozialen Brennpunkten, in denen Hoffnungslosigkeit und wirtschaftliche Stagnation dominieren.
  3. Gezielte Destabilisierung:
    • Sollte der Export synthetischer Opioide – insbesondere aus China – absichtlich gefördert oder zumindest toleriert werden, könnte dies als strategisches Mittel zur Schwächung der USA interpretiert werden. Die USA haben wiederholt China beschuldigt, zu wenig gegen den Export von Vorläuferstoffen zu unternehmen.
    • Mexikanische Kartelle könnten ebenfalls indirekt daran beteiligt sein, die Krise auszunutzen, um die USA weiter zu destabilisieren. Diese Kartelle profitieren wirtschaftlich enorm von der Fentanyl-Produktion und dem Handel, während die USA mit den Folgen zu kämpfen haben.
  4. Politische und wirtschaftliche Kosten:
    • Die Kosten für die medizinische Betreuung, Strafverfolgung, Prävention und soziale Hilfen gehen in die Milliarden. Diese Mittel fehlen an anderer Stelle, z. B. für Bildung, Infrastruktur oder Innovation.
    • Eine Bevölkerung, die durch Sucht geschwächt ist, kann weniger effektiv in der globalen Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt konkurrieren.

Fentanyl wirkt wie ein schleichender Angriff auf die USA

Die Fentanyl-Krise hat eine weitreichende, potenziell destabilisierende Wirkung auf die USA, sowohl wirtschaftlich als auch gesellschaftlich. Wenn man die Krise als Form asymmetrischer Kriegsführung betrachtet, macht es Sinn, dass die Trump-Administration – oder jede andere Regierung – diese Bedrohung nicht nur als innenpolitisches Problem, sondern auch als strategische Herausforderung auf globaler Ebene sieht. Ob absichtlich oder unbeabsichtigt, Fentanyl wirkt wie ein schleichender Angriff auf die Stärke und Stabilität des Landes. Maßnahmen, die über Prävention und Opferschutz hinausgehen und sich auf die Bekämpfung der Täter und Quellen konzentrieren, sind daher nicht nur sinnvoll, sondern möglicherweise entscheidend.

Weitere Beiträge zu einer möglichen Fentanyl Krise in Europa

Deutschlandfunk – Opioidkrise in den USA – Die betäubte Nation

Le Monde – Drogenhandel: Fentanyl, ein „Killer“ unter strenger Überwachung

Die Welt – Deutsche Drogenhelfer bereiten sich auf die Fentanyl-Krise vor

Le Monde – Neben Fentanyl verbreiten sich in Europa auch Nitazene, noch stärkere synthetische Opioide

FEDPOL Publikationen – Abwasseranalyse und Drogen – Resultate 2023 aus
einer Europäischen und Schweizer Studie

Gastbeitrag
Author: Gastbeitrag

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